Sonntag, 13. Juli 2008

ADOLF HITLER ALS DAUERBRENNER – GEBT MIR 12 JAHRE ZEIT

13.07.2008 begonnen


nie zuvor hat ein namenloser nur 12 jahre gebraucht , um sich ein ewigkeitsandenken zu schaffen.
Das beweißt erneut einmal mehr des "Führers Frühling". manche skandalnudel wäre glücklich gelänge ihr soviel aufmerksamkeit.


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12. Juli 2008, 12:46 Uhr

MEL BROOKS IN WIEN

Führers Frühling

Aus Wien berichtet Malte Herwig

In Berlin wird Hitler geköpft, in Wien singt er: Die deutschsprachige Welturaufführung von Mel Brooks' Führer-Musical "The Producers" lässt den Diktator im Dreivierteltakt tanzen, Nummerngirls in Hakenkreuzformation auftreten - bis einem das Lachen im Hals steckenbleibt.

Wien - Von Musicals hatte Marx keine Ahnung, von Weltgeschichte schon. Alle großen Tatsachen und Personen, wusste der rauschebärtige Dialektiker, ereignen sich zweimal: erst als Tragödie, dann als Farce. Wie Recht er hat, war jetzt in Wien zu beobachten. 70 Jahre, nachdem Hitler den Österreichern vom Balkon der Neuen Hofburg den Anschluss verkündete, ist der "Führer" noch einmal zurückgekehrt in die Stadt seiner künstlerischen Anfänge als verkrachter Postkartenmaler - und erlebte als stürmisch gefeierter Musical-Star in der deutschsprachigen Uraufführung von Mel Brooks’ "The Producers" einen zweiten Frühling.

Cornelius Obonya alias Max Bialystock im Ronacher: "Wien ist bereit"
AP

Cornelius Obonya alias Max Bialystock im Ronacher: "Wien ist bereit"

Hitler in Wien? Geht entweder gar nicht oder ganz groß, mag man sich in der Donaumetropole gedacht haben und legte die Galapremiere des satirisch-bissigen Broadway-Hits im Ronacher-Theater wie einen Staatsakt auf. Und der begann natürlich bereits, bevor sich der Vorhang hob. Vor dem gerade für 46 Millionen Euro renovierten Haus hatten die Organisatoren einen roten Teppich ausgerollt, auf dem sich nicht nur der österreichische Bundespräsident, zwei ehemalige Bundeskanzler und der Wiener Bürgermeister samt Anhang tummelten, sondern auch die gefährlich langen Stretchlimousinen entstiegene B-Prominenz der Hauptstadt.

"Wien ist bereit, Österreich ist bereit für diese Show", machte sich die Intendantin Kathrin Zechner selbst Mut. Und wer wollte es der Theaterchefin verdenken. Schließlich war Mel Brooks schon 1968 in der Filmversion der "Producers" dem Führermythos mit Anarcho-Klamauk und beißendem jüdischen Witz zu Leibe gerückt.

Seit die Überarbeitung 2001 als Musical am Broadway Premiere feierte und massenhaft Preise abräumte, hat die schräge Hitler-Satire des jüdisch-amerikanischen Großkomikers die Welt erobert und war von Israel über Australien, Südkorea, Japan, Dänemark, Kanada und Finnland so ziemlich überall zu sehen - nur eben nicht im deutschsprachigen Raum, wo bereits die morbid-menschelnde Darstellung des abgewirtschafteten GröFaZ im Film "Der Untergang" für hektische Betriebsamkeit im Debattenzirkus sorgt und sich der nachholende Antifaschismus in Attacken auf Wachsfiguren entlädt wie jüngst in der Berliner Niederlassung von Madame Tussauds.

Eigentlich habe die deutschsprachige Uraufführung ja in Berlin stattfinden sollen, verrät in Wien bei der Premierenfeier ein Mitglied des New Yorker Produktionsteams hinter vorgehaltener Hand. Doch der deutsche Produzent habe kalte Füße bekommen, nachdem das Broadway-Stück vor mehreren extra eingeflogenen deutschen Zuschauergruppen getestet worden sei.

Die Suche nach dem miesesten Musical

Doch nun gibt es kein Zurück mehr, als sich der Vorhang im Ronacher hebt und die Geschichte ihren Lauf nimmt. Alles beginnt ganz harmlos im Büro des abgehalfterten Theaterproduzenten Max Bialystock (Cornelius Obonya), der zusammen mit dem mausgrauen Buchhalter Leo Bloom (Andreas Bieber) auf eine raffinierte Masche verfällt, um sich vor dem drohenden Bankrott zu retten: Die beiden suchen das mieseste Musical aller Zeiten, um sich nach der programmierten Pleite mit den Investitionen aus dem Staub zu machen, die der schmierig-charmante Bialystock liebestollen alten New Yorker Ladies aus der Tasche gezogen hat. Ein Stück muss her, so abgrundtief schlecht und geschmacklos, dass es garantiert nach der ersten Aufführung abgesetzt wird.

Und es ist schnell gefunden: "Frühling für Hitler. Eine Liebesgeschichte mit Adolf und Eva in Berchtesgaden" heißt es, und der Verfasser ist der Stahlhelm tragende, von Herbert Steinböck mit wunderbarem bayerischen Dialekt gespielte Franz Liebkind, ein fanatischer Altnazi, der als Taubenzüchter in einem heruntergekommenen New Yorker Mietshaus dem Dritten Reich hinterhertrauert.

"Nicht viele Leute wussten, dass der Führer ein hervorragender Tänzer war", belehrt Liebkind die Produzenten, und das Geschäft ist gemacht. Doch was sich dann an diesem Abend nach den in gewohnt mitreißender Broadway-Manier hingelegten Tanzeinlagen vor dem Wiener Premierenpublikum abspielt, ist unerhört. Vor einer pompösen Kulisse, die die Bühnenbauer des Reichsparteitags vor Neid erblassen ließe, tanzt und singt ein tuntig aufgetakelter Hitler inmitten einer Revue von Nazi-Nummerngirls in Hakenkreuzformation. "Heil Hitler" und Deutschland-Lied erklingen. Auch der Walzer - wir sind schließlich in Wien - kommt zu seinem Hausrecht: "Glücklich im Gleichschritt, Österreich gleich mit."

"Sogar Goebbels hätt' gebuht"

Der Diktator im Dreivierteltakt - selbst fürs verwöhnte Publikum der Donaumetropole eine Neuigkeit. "An dieser Schau war gar nichts gut, sogar Goebbels hätt’ gebuht", frohlocken Bialystock und Bloom voreilig. Das groteske Stück im Stück ist der geniale Trick des Mel Brooks, dem sich die ungläubig zusehende Wiener Bussi-Gesellschaft an diesem Abend ebenso wenig entziehen kann wie das Publikum im Stück, das die glücklosen Produzenten für den scheinbar todsicheren Reinfall feiert. Am Ende der Vorführung tosender Applaus und Standing Ovations auch auf den Logen und Rängen des Ronacher-Theaters.

Der Witz, glaubte der alte Wiener Sigmund Freud, sei erlösend, weil er kurzzeitig die Verdrängung aufhebe. Mel Brooks selbst war zwar nicht zur deutschsprachigen Uraufführung seines größten Hits erschienen. Aber er ließ den Wienern am Ende der Vorführung ausrichten, sie seien das beste Publikum, das er je hatte. Und irgendwie hatte man plötzlich das Gefühl, dass es vielleicht keine höfliche Floskel war.

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